Hörluchs® ist weltweit einer der führenden Otoscan-Nutzer als Empfänger von 3D-Scans und somit auch führender Lieferant von Otoplastiken, die aus Otoscan-Daten gefertigt werden.
Das gab Martin Baumann (Abteilungsleitung Audiologie) und Dominic Schmidt (ehem. stellv. Geschäftsführer) den Anlass für ein Interview mit Christoph Schulte von Natus:
Was macht Hörluchs® als Labor aus, welche Innovationen bzw. Meilensteine gab es?
Hörluchs® wurde vor knapp 10 Jahren gegründet und ist einer der führenden Experten in Deutschland, wenn es um maßgefertigte Otoplastiken, Gehörschutz und professionelle In-Ears geht. Den ersten Durchbruch haben wir damals mit dem ersten zugelassenen ICP-Hörsystem für den Arbeitsplatz gefeiert, für das Akustiker sich zertifizieren lassen mussten und so mit uns in Kontakt kamen. Im Laufe der Jahre hat sich das Produkt-Portfolio stetig ausgebaut. Zu Beginn haben wir noch Otoplastiken für die eigenen Läden gefräst, dann kamen mehr Gehörschutz-Produkte und In-Ears dazu. Vor 3 Jahren haben wir THERMOtec® eingeführt und im letzten Jahr die Titan-Otoplastiken mit eigener 3D-Fertigung. Wir sind über die Jahre Step by Step zusammen mit dem Hörakustikmarkt gewachsen und bieten nun ein sehr umfangreiches Portfolio plus fachliches Know-how, welches ein Akustiker im Alltag benötigt. Wir möchten uns nicht nur über das Labor definieren, sondern über unseren Hörluchs® Campus, wo wir praktischen Input an die Akustiker weitergeben.
Ihr habt äußerst spannende Produkte im Portfolio wie die erste konkurrenzfähige Titan-Otoplastik? Wie wird dies mittlerweile vom Markt angenommen? Was sind die Vorteile?
Man merkt, dass Akustiker in manchen Bereichen noch etwas zurückhaltend sind, was das Material Titan angeht. Früher wurde Titan eher für medizinische Otoplastiken benutzt, bevor z.B. Gold eingesetzt werden musste. Wir betrachten dieses Material eher aus einem anderen Blickwinkel. Die ersten Ideen haben wir auf einer Dentalmesse gesammelt und dann für uns den passenden Weg gesucht. Für uns stand immer fest, dass wir gerne komplett volldigital arbeiten möchten, ohne Umweg über die manuelle Produktion.
Wirtschaftlich haben wir dann eine innovative Lösung gefunden, die auch Preis-Leistungs-technisch für den Akustiker interessant ist. Wir können bei der Otoplastik-Herstellung jetzt Wandstärken bis 0,4 mm realisieren.
Der Prozess war grade am Anfang eine Sache, in die wir uns sehr einarbeiten mussten. Es musste nicht nur geschaut werden, wie wir die Teile modellieren oder wie es vom Modelling auf den Printer gebracht wird, sondern auch dass die Prozesse der Nachbearbeitung sauber funktionieren. Es ist nicht nur eine einfacher „Druckprozess“ – gerade bei Titan steckt schon etwas mehr dahinter. Für den Akustiker bringt die Titan-Otoplastik einige Vorteile. Sie ist hypoallergen, sehr leicht, bruchsicher und hat eine hohe Lebensdauer. Mittlerweile sind wir auch konkurrenzfähig mit dem Produkt, was uns sehr freut. Wir haben Endkunden, die uns von ihren Erfahrungen mit der Titan-Otoplastik berichten und diese sind begeistert vom Material, da es geruchsneutral ist, nicht vergilbt und „unkaputtbar“ ist. Unser Ziel ist es, die Titan-Otoplastik in diesem Jahr salonfähig zu machen.
Die Branche der Hörakustik befindet sich mal wieder in schnellem Wandel. Im Hinblick auf die Fernanpassung und Internethandel sitzen Natus und Hörluchs® dabei in einem Boot. Wie seht ihr das?
Man muss die Märkte hier unterschiedlich betrachten. Man hat in den letzten Jahren gesehen, dass der Trend zumindest in Deutschland und einigen anderen Märkten vom Dome weg, wieder hin zur individuellen Otoplastik geht. Es ist möglich, dass der Internethandel nochmal mehr Zuspruch gewinnen wird, z.B. bei leichtgradigem Hörverlust. Dieser könnte mit Standarddomes behandelt werden. Spätestens wenn der Hörverlust aber einen gewissen Grad erreicht hat, wird die Otoplastik auch wieder eine Rolle spielen. Es wird immer die Kunden geben, die Standard-Hörsysteme kaufen.
Der Onlinehandel hat hier ja für uns auch positive Seiten. Als Akustiker möchte/muss man sich abheben – egal ob groß oder klein Filialist. Eine hochwertige Anpassung ist ein Alleinstellungsmerkmal und dazu gehört einfach auch eine individuelle Otoplastik. Das wird auch in Zukunft so bleiben.
Sehr gut! Das bringt mich direkt zu unserem eigentlichen Thema. Wo und wie habt Ihr Otoscan kennengelernt?
Wir haben Otoscan vor einigen Jahren das erste Mal auf der EUHA gesehen und kennen gelernt. Danach sind wir immer wieder über verschiedene Kunden mit dem Gerät in Berührung gekommen, bis wir es dann auch selbst getestet haben. Die ersten Eindrücke waren sehr vielversprechend, daher haben wir uns sogar selbst einen Otoscan angeschafft.
Ihr seid weltweit einer der führenden Otoscan-Nutzer als Empfänger von Otoscan 3D-Scans und somit auch führender Lieferant von Otoplastiken, die aus Otoscan-Daten gefertigt wurden. Wie macht Ihr das?
Wir führen bei uns viele Schulungen durch, in denen es auch um Abformqualität geht. Grade wenn man auf dieses Thema zu sprechen kommt, kommt man auch auf den Otoscan zu sprechen. Mit Otoscan gelingen schöne, tiefe und drucklose Scans. Fehler sind sofort ersichtlich. Auch in den Pausengesprächen kommen Kunden oft auf uns zu, um uns nach den Erfahrungswerten mit dem Scanner zu fragen. Diese geben wir weiter und promoten das Produkt auch gerne.
Bemerkt ihr Unterschiede bei Kunden die Otoscan nutzen, gegenüber dem Durchschnitt aller anderen Kunden?
Unser Kundenstamm hat sich nicht geändert. Was man merkt, ist, dass die Qualität, wenn der Scan mit dem Otoscan gut gemacht worden ist, extrem hoch und die Fehlerquote durch das Modelling sehr niedrig ist. Auch hier hängt eben viel von der Sorgfalt beim Scannen ab. Wenn es zum Beispiel vermerkt Artefakte bei den Scans gibt, haben wir genau die gleichen Herausforderungen wie mit schlechten Abformungen. Es hängt also weiterhin viel von dem Akustiker hinter dem Scanner bzw. dem Injektor ab. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, wenn der Scan gut gemacht ist, lässt sich leichter eine tiefe „Abformung“ erstellen als mit einer herkömmlichen Abformung.
Gibt es für euch einen Vorteil der euch als Erstes einfällt? Ein hauptsächlicher Unterschied, der von Anfang an bei unseren Kunden für viel Interesse sorgt, ist ja das 100% „drucklose“ Abscannen des Gehörganges.
Dadurch, dass Otoscan immer drucklos ist, kann man besser vorarbeiten. Wir wissen meistens nicht, welche Abformmasse genutzt wurde oder ob ein Scan z.B. mit einem Injektor geformt ist. Beim Otoscan fällt die unbekannte Variable weg, da Otoscan immer 100% drucklos arbeitet! Das „Aufwachs-Maß“ in der Designsoftware ist ebenfalls viel eindeutiger zu bestimmen. Wir arbeiten bei Otoscan-Dateien mit einem eigenen Otoscan Offset in Cyfex, um das Modellieren zu erleichtern.
Gibt es Grenzen beim Einsatz des Scanners, z.B. bestimmte Ohren oder Kundentypen, so dass hier eine klassische Abformung besser geeignet ist?
Wir haben solche Erfahrungen schon öfter mit dem Produktmanagement diskutiert und ausgewertet. Vor allem bei sehr weichem Ohrgewebe in Verbindung mit High-Power-Versorgungen ist es zu überlegen, ob man auf die herkömmliche Abformung zurückgreift. Wichtig vor jeder Abformung ist, dass man sich das Ohrgewebe anschaut. Weiches Ohrgewebe bedeutet viel Expansion. Also immer dann, wenn Druck auf das Ohrgewebe gerade in Abdichtungszonen ein gewünschtes Ergebnis ist, ist eventuell die Abformung besser geeignet.
Otoscan ist super einsetzbar bei Hörsystemen, die einen angenehmen Sitz und eine tiefe Abformung benötigen, wie z.B. bei CIC oder IIC Systemen. Mit dem Otoscan ist es deutlich einfacher einen tiefen Scan nach dem zweiten Knick zu erstellen.
Bei RIC-Otoplastiken ist es genauso von Vorteil, wenn ich eine tiefere Abformung habe, da ich sehen kann, wie der Schallaustritt bzw. die Hülse für den Ex-Hörer gesetzt werden sollte. Das haben wir nicht, wenn die Abformung direkt im zweiten Knick abgeschnitten wird. Ein Ex-Hörer kann so sehr genau und tief platziert werden.
Habt ihr generelle Tipps zum Thema Abformung oder Scans für den Alltag, die direkt umgesetzt werden können und von denen man als Akustiker direkt profitieren kann?
Das wichtigste ist und bleibt eine hohe Qualität bei der Erstellung des Scans oder der Abformung am Kundenohr als Basis für den weiteren Fertigungsprozess. Konkret heißt das: Möglichst vollständig, fehlerfrei, eine gute Länge des Gehörganges, sowie eine möglichst „drucklose Funktionsabformung“. Bei Besonderheiten hilft es uns als Labor enorm, wenn diese gleich mit angegeben werden. Genauso wichtig ist für uns auch eine bedarfsgerechte Beratung in Bezug auf z. B. Halt und Anatomie. Nicht jedes Produkt ist für jedes Ohr geeignet oder im „Worst Case“ anatomisch überhaupt möglich. Hier freuen wir uns natürlich über jeden, der sich traut, neue Technologien wie Otoscan oder Titan-Otoplastiken auszuprobieren, um so für seine Kunden noch mehr möglich zu machen und Grenzen zu verschieben.